Alles passt (fast) allen

Samstag, 6. Juli 2019

Alles passt (fast) allen

Die drei Hexen vom Fundus halten 3 000 Gewänder bereit und nähen ständig neue

Kein „verflixt und zugenäht“ hört man von den Fundus-Hexen des Agnes-Bernauer-Festspielvereins, auch wenn es punktuell vor und nach einer Festspielsaison, bei ihnen rundgeht. Sie finden oder nähen Lösungen. „Grob überschlagen“ hat der Festspielverein 3000 Gewänder. Die sich aber jeweils aus mehreren Stücken zusammensetzen – „da sind wir locker bei 10 000 bis 12 000 Stücken“. Schuhe, Taschen, Gürtel, Strumpfhosen für Männer und Kleinrequisiten sind da eingeschlossen. Und die Ohren spitzen sie schon, wenn in der Pause oder nach dem Spiel die Zuschauer(innen) nicht nur über Schauspielleistungen reden, sondern auch über das oder jenes Kleid. Außerdem sind alle Mitwirkenden dankbar für ihr Outfit, das ihnen hilft, in ihre Rolle zu finden.

Kostüme sollte man nicht sagen. Gesprochen wird von Gewändern. Die Kleidung auf der Bühne soll möglichst genau den Schnitten und Farben der damaligen Zeit entsprechen. Ausbesserungen, aber vor allem ganz viele Neuanfertigungen, sind das Metier der gelernten Schneiderin Monika Lajtman.

„Wir gestalten die neueren Kostüme individuell, aber in zwei bis drei Kleidergrößen. Also das heißt, wir gehen auf Schulterbreite und Armlänge, aber dann locker fallend, damit man mit Gürteln oder zusätzlich seitlich eingenähten Schnürungen regulieren kann.“ Jederzeit kann man alle Größen und Körperformen „verpacken“. Was ist einfacher anzufertigen, Volks-, Bürger- oder Adelsgewand? „Alles hat seine Tücken. Spaß macht alles.“ Variabler sein kann man bei Bürger- und Patrizier-Gewändern. Da kann man lockerer arbeiten. Schwieriger wird es beim Adel, dessen Kleider sollen figurbetonter sitzen und hat natürlich mehr Verzierungen. Dieses Jahr gab es überwiegend Neuanfertigungen – 21 neue Ausstattungen sind entstanden, zum Beispiel die des Chors.

„Auch noch das dickste Hemd“ musste raus

400 Stunden, plus Einmessen, hat Monika Lajtman im Vorfeld für die Ausstattung der diesjährigen Festspiele investiert. Denise Winklmaier näht auch „im kleinen Rahmen“, was bedeutet: für Kinder. Aber mittlerweile auch Erwachsenenkostüme und „Verbesserungen an Kostümen“. Sie kauft auch für den Fundus ein und „spielt gerne mit“.

„Recherche-Queen“ Denise Winklmaier ist am Computer fit und sucht Stoffe, Requisiten und andere Materialien. Dafür muss man aber erst einmal abwarten, „was der Regisseur möchte“. „Es soll alt und antik aussehen“ – da ist sie viel auf Ebay unterwegs. In enger Abstimmung mit Monika Lajtman wird überlegt, „was für ein Gewand es werden soll“. Die Schneiderin erklärt, was sie an Stoffen und Materialien braucht, in etwa welche Farben oder Borten. Gesucht werden muss im Internet, „weil man Samt und Seide leider nicht in Straubing bekommt“.

Astrid Hiergeist – „ich nenn mich Fundusleitung“ – ist dankbar, dass sie mit diesem Team nicht mehr mit Arbeit überhäuft ist und gibt den Fundusmitarbeitern den Rahmen, damit diese kreativ sein können. Dieses Mal mussten so viele Kostüme gestellt werden, dass trotz Hitze „auch noch das dickste Hemd ausgegeben werden musste“. Der Fundusbestand ist derzeit übersichtlich, erklären die Hexen schmunzelnd. Ihre grünen Kleider für den Volksfestauszug waren eine Überraschung von Monika Lajtman. Den Namen haben sie von Astrid Hiergeist, die schmunzelnd meint, bei so vielen Vereinsmitgliedern muss man schon manchmal wie eine Hexe durchgreifen, um da Ordnung reinzubringen. Schmunzelnd erklärt sie aber, dass alle ihre Teammitglieder eigentlich „gute Feen sind“ und zählt zahlreiche Unterstützer auf, die bei der Ausgabe, dem Einsortieren, oder beim Schuheputzen nach der Spielsaison helfen.

Das An- und Ausziehen erleichtern

Mittlerweile sind die Mitspieler so gut erzogen, dass die Volksgewänder daheim gewaschen werden, erklärt die Fundusleiterin augenzwinkernd. Nach den Festspielen müssen alle ausgegebenen Stücke wieder begutachtet, nötigenfalls ausgebessert und richtig einsortiert werden. Manche müssen zur Reinigung gebracht werden und Schuhe geputzt werden. Einzelne Mitspieler brauchen ein halbes Jahr, um ein Gewand zurückzubringen.

Bei Monika Lajtman kann man sich als Agnes-Bernauer-Fan auch ein entsprechendes Outfit bestellen, allerdings mit Warteliste. Die Schneiderin ist gefragt.

„Sehr zufrieden!“ ist zum Beispiel Michaela Hofmann, die wie alle anderen vom Chor ein neues Kostüm bekam. „Die Monika hat ja meine Maße noch vom bayerischen Jedermann und sie hat jedem im Chor etwas Individuelles geschneidert. Das Kleid ist sehr locker zu tragen und mit der Schnürung kann man es leicht enger oder weiter machen. Und es ist ohne Hilfe anzuziehen, beim Ausziehen braucht man aber Hilfe.“ Das wird immer mehr mit einbezogen. Historisch genau müssen die Kostüme wirken, sieht man aber einen Verschluss nicht, kann man zum Beispiel auch mit Haken arbeiten, um den Schauspielern das An- und Ausziehen zu erleichtern. Das muss beim Rollen- und damit Kostümwechsel manchmal sehr sehr schnell gehen. Keine Sorge, da kann gehext werden.

Quelle: Straubinger Tagblatt vom 06.07.19, Ulli Scharrer

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