Eine feurige und genervte Geliebte

Montag, 15. Juli 2019

Eine feurige und genervte Geliebte

Claudia Griessl spielt Anna Winzerer, die Münchnerin, die Herzog Ernst küsst

„Als waschechte Straubingerin wollte ich schon immer mitspielen“, erklärt Claudia Griessl. Aber immer kam etwas dazwischen, Schule, Schulabschluss, Ausbildung – „es hat nie geklappt, aber ’94 hab ich mir gedacht: jetzt oder nie“. Daraus wurde ein Jahr später bei den nächsten Agnes-Bernauer-Festspielen gleich die Hauptrolle: Claudia wurde zur Agnes. Und blieb als mehrmalige Beatrix dem Verein treu. Unterstützung für und Disput mit Herzog Ernst hat sie auch dieses Mal nicht aufgegeben, aber diesmal in einer ganz neuen Rolle.

Claudia Griessl spielt die Münchner Bürgersfrau Anna Winzerer, eine abgelegte Geliebte Herzog Ernsts, der mit ihr zwei Kinder hat. Eine der eindrucksvollsten Szenen der Neuinszenierung. „Es ist der Wahnsinn, dass ,meine Kinder‘, es sind ja vier wegen dem Alterssprung im Stück, mit mir so viel besprochen haben.“ Zu fünft haben sie ihre Szenen erarbeitet und lachend erzählt Claudia Griessl, dass die Kinder auch etwas gesagt haben, wenn sie gepatzt hat, zum Beispiel den Klaps vergessen hat. „Die sind total akkurat“, ist sie von den Kindern beeindruckt. Das „Team Winzerer“ hat sogar ein kleines Ritual entwickelt: „3,2,1 los!“ heißt es dann gemeinsam, wenn man auf die Bühne tritt.

„Der Herr küsst die Dame“ – nicht umgekehrt!

Franz Aichinger war vor acht Jahren als Albrecht ihr Beatrix-Bruder, jetzt ist er als Ernst der Geliebte, von dem sie als Anna Winzerer auch genervt ist. Wie geht man da ran, wenn man den Mitspieler kennt, aber halt anders? „Es sind zwei Rollen, man geht ganz anders ran, mit dem Franz ist das schon einfach, weil ich ihn kenne.“ Es gibt auch einen leidenschaftlichen Kuss zwischen dem Herzog und der Münchnerin, bei dem über tausend Besucher zuschauen. „Das war am Anfang schon komisch. Weil es ein richtiger Kuss auf die Lippen ist, ein stürmischer.“ Da gibt es eine kleine Anekdote, aus einer Probe, die sie lächelnd erzählt: „Ich war da etwas nervös und dachte, dass ich das jetzt besonders gut machen muss. Ich hab den Franz gepackt und reiß ihn zu mir her und küsse ihn. Da wären wir beinahe umgefallen. Da musste ich mir anhören: ,Der Herr küsst die Dame!‘“ Jetzt haben aber beide die Situation im Griff: „Der Funke ist da und er reißt mich an sich. Das spielen wir ganz schön, nicht dramatisch, sondern glaubhaft.“

Wie viele andere auch, hat Claudia Griessl mehrere Rollen übernommen. In der Badeszene ist sie zu sehen, als Patrizierin in der Ballszene und Bürgerin im Volk. Sie trägt außer in der Badeszene dabei ihr Winzerer-Kleid. Am Schluss, wenn die Agnes ertränkt wird, da fühlt sich Claudia Griessl in dieser Szene wieder als Anna Winzerer. Da zögert sie und hat ein schlechtes Gewissen, weil sie Herzog Ernst geraten hat, die Agnes wegen der Staatsräson hinzurichten.

Die Brosche, die Schlange und das Kaninchen

Eine schwierige Bühnensituation? Da erinnert sie sich, dass als Beatrix einmal die Brosche des Herzog Albrecht abstand. „Die habe ich angestarrt, wie die Schlange das Kaninchen“ – sie hatte Angst, dass die gleich runterfällt und am Boden zertreten wird. „Da hab ich automatisch nach der Brosche gegriffen. Dann aber gespannt: Verdammt! Ich hab gleich noch die Raufszene mit der Agnes. Was mach ich jetzt mit der Brosche?“ Da hat sie ihre Freundin Gudrun Reinoß angespielt, also mit den Augen, während sie ihren Text aufsagte. Die merkte am Blick: „Da ist was im Busch!“ Die Frauen gaben sich die Hände, die Brosche wechselte mit einem Nicken zu Gudrun. „Wenn man sich auf der Bühne auf seine Mitspieler verlassen kann, dann ist das einfach schön“, unterstreicht Claudia Griessl.

Und besonders freut es sie, dass sie von ihrem Albrecht von 1995, Reinhard Röhrl, immer noch zum Jahrestag ihrer Premiere, dem 7.7, eine Flasche Wein oder Rose bekommt. Die Bande, die man im Festspielverein knüpft, halten halt meist lange, betont sie. Deswegen ist sie auch gern neben der Bühne aktiv – seit Jahren als Spielersprecherin und Ansprechpartnerin für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit.

Quelle: Straubinger TAgblatt vom 15.07.19, Ulli Scharrer

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