AUFTAKT IN STRAUBING FÜR SAISON 2024
Vom 21. Juni bis 21. Juli 2024 finden die nächsten Agnes-Bernauer-Festspiele in Straubing statt. Noch lange hin? Weit gefehlt. Die Zeit vergeht schneller als man denkt, allemal wenn es ein Festspiel dieser Größenordnung zu organisieren gilt. Deshalb arbeitet der Festspielverein seit Monaten hinter den Kulissen im Vor-Festspiel-Modus und hat am Freitagabend zum ersten Info-Abend für potentielle Akteure auf und hinter der Bühne in den Saal des Landgasthofs Reisinger eingeladen.
Der Saal war fast voll mit Interessenten, alten Hasen wie Neulingen. Die Stimmung energiegeladen. Die Begeisterung von Thomas Stammberger nicht minder. Er stellte sich als Regisseur und Autor eines wiederum neuen Festspiels vor und hat sich – mit Augenzwinkern – nicht weniger vorgenommen als „das beste Festspiel aller Zeiten“.
Ein Neuling in Sachen Festspielverein ist Stammberger nicht. Mit Johannes Reitmeier hat er 1995 eine Textneufassung geschrieben, die 22 Jahre Bestand hatte. Dann wurde zweimal eine neue Fassung von Johannes Reitmeier und 2019 die bisher jüngste Fassung von Teja Fiedler aufgeführt. Stammberger findet die 1995-Fassung aus heutiger Sicht sehr artifiziell, sehr literarisch, aber im damaligen Zeitgeist noch immer gut. Allerdings gebe es zwischenzeitlich neue Erkenntnisse und auch er sehe, 27 Jahre später, mit der Lebenserfahrung als heute 54-Jähriger manches anders. Jetzt wolle er auf Wunsch des Vorstands „ein komplett neues Festspiel“ auf die Bühne bringen. Es werde nicht gleich „Netflix und Game of Thrones“, aber ein buntes Bild des Mittelalters mit vielschichtigen Charakteren und grob, schmutzig, dürftig im Volk. Einfach authentisch.

Rebekka Wesselmann (6) war die erste, die Formulare zur Anmeldung als Festspiel-Akteure 2024 abholte – für ihre Familie, Vater Andreas (im Bild) und Schwester Sarah.
Was lässt sich noch besser machen?
Ihm gehe es immer um die Frage: Was lässt sich noch besser machen? Und dafür werde jeder Einzelne mit Leib und Seele gebraucht. Er wünsche sich mündige Mitspieler, die ihre Rolle hinterfragen, um ihr möglichst nahezukommen. „Am Ende müssen wir ein Stück spielen, nicht jeder seins.“ Nach umfassender historischer und literarischer Recherche in den vergangenen zwei Jahren findet Stammberger, dass einige Komponenten auf der Bühne noch nicht ausgespielt sind, die Rolle der Kirche etwa, die Rolle von Aberglaube und Zauberei, vor allem die damalige Rolle der Frau. Agnes als Grenzgängerin und Grenzüberschreiterin samt ihrem möglichen Empfinden des Sprengens gesellschaftlicher Konventionen. Im Stück 2019 sei der Blick mehr auf die Männer gerichtet worden, 2024 auf die Frau, wie sie „von der Badstube ins Zentrum der Macht gelangt“. Auch Stimmen aus anderen Gesellschaftsschichten will Stammberger mehr zu Wort kommen lassen. Bereits jetzt hat er sich eng mit Werner Schäfer vernetzt, der bekanntermaßen ausgesuchter Experte in Sachen Agnes Bernauer-Historie ist. Außer Zweifel steht für Stammberger, dass Albrecht seine Agnes aufrichtig geliebt hat und sie „kein dummes Hascherl gewesen ist“. Er schreibe bereits, die komplette Fassung will er zum Jahresende 2023 vorlegen.
Rollenvergabe „ohne Erbhöfe“ Ende 2023
Am Herzen liegt ihm, die Spielerschar kennenzulernen, ein Gefühl für sie zu bekommen und sie einzuschätzen, um die Rollen – „es werden sicher interessante neue Rollen hinzukommen“ – „ohne Erbhöfe“ im Herbst 2023 nach Eignung (Castings) bestens zu besetzen. Neulinge seien herzlich willkommen. Spielerfahrung fließe als Bonus ein.
Über den Rang eines Amateurtheaters sei man lange hinaus, Stammberger spricht von „semi-professionell“. Das Agnes-Bernauer-Festspiel ordnet er nach den Oberammergauer Passionsspielen als bedeutendes in Bayern ein. Die Landshuter Hochzeit sei zwar von den Teilnehmern und Zuschauern her eine noch größere Veranstaltung als die Straubinger, aber von der Struktur mit Festzug und Ritterspielen völlig anders. Theater ist etwas, so Stammberger, von dem man Gefühle mitnimmt. „Wir wollen beim Zuschauer Emotionen wecken, die ihn über den Aufführungsabend hinaus beschäftigen, ihn vielleicht da und dort auch irritieren.“
Schauspiel-Workshops als Vorbereitung
Der Regisseur hat vor, mit den Akteuren „intensiv zu arbeiten“ und zwar im Vorfeld der Proben, schon ab Januar 2023, in Schauspiel-Workshops und später in Leseproben. Zur Seite hat Stammberger als Regieassistentin Anna Lummer, Agnes von 2015, und in einer neu eingeführten Position Ben Gröschl, den Albrecht von 2019, als Projektkoordinator, der die organisatorischen Fäden zu vielen Einzel- und Teamverantwortlichen von Catering über Fundus, Maske, Schaukampf und Mikrophonie – in der Hand und den Zeitplan im Auge behält. Die Organisation werde auf viele Schultern verteilt, so Gröschl zur Vereinsstrategie.
Florian Schmiegelt, stellvertretender Vorsitzender, hatte bei der Versammlung am Freitag als Gastgeber Vereinsvorsitzenden Karl Weber vertreten, der wegen eines Trauerfalls verhindert war.
Bürgermeister Werner Schäfer hat eingangs den Festspielverein für eine seiner hervorstechenden Eigenschaften gelobt, nämlich sich immer wieder zu erneuern, aber auch Menschen ganz unterschiedlichen Alters unter einen Hut zu bringen. Stammberger ist in seinen Augen neben seiner Tätigkeit als Theater- und Fernsehregisseur eine bekannte Größe in der bayerischen Festspiellandschaft und obendrein einer, den man in Straubing schon kennt. Er rief den Mitspiel-Interessenten motivierend zu „Auf geht´s“. Denn, wie gesagt, 2024 ist nicht mehr so weit.
Informationen zum Festspiel 2024
Die Festspielsaison 2024 dauert laut Regieassistentin Anna Lummer von 21. Juni bis 21. Juli 2024. Geplant sind 20 Vorstellungen, jeweils Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag, 20.30 Uhr. Geplant ist auch eine Schüleraufführung am 2. Juli sowie eine Zusatzwoche vom 22. bis 27. Juli, je nach wetterbedingtem Ausfall und Nachfrage.
Der Kartenvorverkauf für die Festspiele startet am 1. August 2023.
Bewerben als Akteur auf oder hinter der Bühne bei den Festspielen 2024 kann man sich ab sofort. Bewerbungsschluss ist am 31. Dezember 2022. Bei Kindern unter zehn Jahren müssen die Eltern verpflichtend bei den Festspielen mitwirken, egal in welcher Funktion. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren müssen einen von den Eltern unterzeichneten Haftungsausschluss vorlegen.
Bewerbungsunterlagen kann man hier anfordern.
Mitspieler müssen Mitglieder sein oder werden.
Das neue Herzogpaar wird bereits im Frühjahr 2023 proklamiert. Die weiteren Rollen werden am 10. November 2023 vergeben. Der Text ist ab Januar 2024 für die Mitspieler komplett digital verfügbar, so der Zeitplan.
Proben: Am 28./29. Januar 2023, 25./26. März 2023 und 7./8. oder 21./22. Oktober finden Workshops für Mitspieler statt. Leseproben gibt es am 10. Dezember 2023 (für Einzelne) und 27. Januar 2024 (für alle), Vereinzelte Proben finden im Februar, März und April 2024 statt, aufgeteilt auf Großszenen, Haupt- und Sprechrollen. Probenbeginn auf der Bühne im Schlosshof ist am 1. Mai 2024. Geprobt wird jeweils mittwochs, donnerstags und freitags, 19 bis 23 Uhr, samstags 10 bis 23 Uhr und sonntags 10 bis 19 Uhr.
Ein Probenplan wird Anfang 2024 für die Spieler ausgereicht. In den Pfingstferien (20. Mai bis 2. Juni 2024) ist den Mitspielern kein Urlaub möglich.
Einige Grundsätze sind für Mitspieler zu beachten. Männer wie Frauen sollten sich die Haare wachsen lassen. Bunte Haare sind ebenso wie sichtbare Tatoos und Piercings oder künstliche bunte Fingernägel nicht erlaubt. Der Authentizität wegen. Auch Schmuck, Brillen, eigene Schminke sind ausgeschlossen. Und Gewänder müssen unverändert bleiben.