Magische Momente

Samstag, 6. Mai 2017

Magische Momente

Franz Aichinger kehrt auf die Festspielbühne im Hof des Herzogschlosses zurück. Es ist nicht etwa ein Revival als Herzog Albrecht nach 2011 beim Agnes-Bernauer-Festspiel. Aichinger verkörpert die Titelfigur in der jüngsten Produktion des Festspielvereins in der Mitte des Festspielturnus, den „Bayerischen Jedermann“. Premiere ist am 14. Juli. Es folgen neun weitere Aufführungen. Aichinger hat sich ganz gezielt für diese Rolle beworben, denn sie fordert ihn heraus. „Innerhalb von zwei Stunden muss man die komplette Gefühlspalette abliefern“, sagt er, „von überheblich, verliebt, in Todesangst bis geläutert“.

Auf die Festspielbühne hat es ihn schon lange wieder gezogen, gibt er unumwunden zu. 2015 beim Agnes-Bernauer-Festspiel sei ihm das allerdings aus Termingründen nicht möglich gewesen. Umso mehr hat sich „Der Bayerische Jedermann“ als Gelegenheit angeboten, erzählt Aichinger, dem besonders gefällt, dass es hier nicht um Klamauk, sondern einen ernsten Stoff geht, der fesselnd wie unterhaltsam verpackt ist.

Freilichtspiel hat unwiderstehlichen Reiz

Freilichtspiel habe einfach einen unnachahmlichen Reiz, ein besonderes Flair. „Man schaut auf die Sterne, der Wind streicht einem ums Gesicht, man hat Fläche zum Füllen, Lichteffekte. – Es sind Gänsehautabende.“ Auf solche „magischen Momente“ hofft Aichinger ab 14. Juli, vorausgesetzt, der Funke springt über. Aber da ist er sich schon jetzt sicher. Der Jedermann-Stoff imponiert ihm spätestens seit er ihn vor langer Zeit in einer Produktion der Salzburger Festspieler im Fernsehen gesehen hat.

Schauspielerisch bei diesem Stoff zum Zug gekommen zu sein, empfindet er als Ehre. Mit dem Text hat er sich eingehend beschäftigt. „Nicht so einfach“, sagt er, schließlich müsse man sich mit Mundart wie Reimform gleichermaßen auseinandersetzen. Ein Text in Reimform ist in seinen Augen Fluch und Segen zugleich: „Reime kann man sich leicht merken. Wenn man freilich einen Texthänger hat, wird es mit dem Improvisieren schwierig.“ Der Reim sorge da für ein enges Korsett. „Ich arbeite noch dran“, gibt er zu und lacht. Allerdings hat er sein eigenes Rezept: „Es ist eine mentale Geschichte, sich Verknüpfungen zu schaffen. Die Aktion beim Spielen verbindet sich dann zunehmend mit dem Text.“ Dafür probe man. „Ich hoffe jedenfalls, dass es sich schnell verknüpft“, sagt er, wissend, dass Regisseur Andreas Wiedermann mit der ihm eigenen professionellen Probenarbeit, die sich auf wenige Wochen konzentriert, auf Textsicherheit setzt und setzen muss.

Und jetzt gehen die Vorbereitungen bereits in die entscheidende Probenphase. Das ist für ihn allemal deshalb eine doppelte Herausforderung, weil er am 9. Juni in Haibach auf der Burgruine am Hofberg mit dem Freilichtspiel „Das Geheimnis des Gauklers“ von Alois Winter, einer Welturaufführung, selber als Regisseur Premiere hat. Ein strammes Programm.

Rollen mit mehreren Personen besetzt

Sechs Wochen soll dann in Straubing geballt geprobt werden. Was ihn an Andreas Wiedermanns Umsetzung des „Bayerischen Jedermann“ fasziniert, ist die Besetzung mehrerer Rollen mit nicht nur einer Person. Den „Mammon“ gibt es beispielsweise dreifach, macht Aichinger neugierig. Es seien jeweils Charaktere aus verschiedenen Epochen. Was ihn herausfordert, ist Wiedermanns Plan, die gesamte Breite des Schloss-Innenhofs an der Reitertreppe zu bespielen. Mit teils langjährigen Weggefährten und Bekannten vom Festspielverein auf der Bühne zu stehen, die für ihn fast wie Familie sind, ist das persönliche I-Tüpferl. Dieser Teamgeist entfalte eine ganz eigene Dynamik, gerät Franz Aichinger ins Schwärmen, „das habe ich immer genossen“. Ein Teil davon zu sein, sei einfach toll. Nur eines wünscht er sich nicht, „Wasserspiele“ wie 2011, die ihm angesichts so vieler verregneter Aufführungen bei den damaligen Agnes-Bernauer-Festspielen unter den Kollegen den Beinamen „Wasserherzog“ einbrachten.

Im richtigen Leben ist Franz Aichinger ganz bodenständig kaufmännischer Angestellter, Ehemann und zweifacher Familienvater. Dass er seine künstlerische Ader mal in dem Umfang ausleben dürfte, hat er sich noch vor zehn Jahren kaum wirklich träumen lassen, gibt er zu. 2007 hat er auf der Burgtheaterbühne Mitterfels den Räuberhauptmann im „Wirtshaus im Spessart“ gegeben, ist für Sascha Edenhofer eingesprungen, der zeitgleich als Herzog Albrecht auf der Straubinger Festspielbühne stand. 2011 war Aichinger dann selber der Festspiel-Albrecht. 2007 bot sich ihm die Gelegenheit, erstmals bei der Straubinger Volksbühne in „Und ewig rauschen die Gelder“ und später in „´s Dirndl von der Au“ und in „Wenn schon denn schon“ sein komödiantisches Talent auszuspielen. 2913 hat ihm die Volksbühne für das Bauerntheater „Der keusche Josef“ die Regie übertragen. Ein Publikums-Erfolg. „Ich habe überall sehr viel gelernt“, sagt der Regie-Autodidakt, der Seminare besuchte, sich ansonsten Einiges aus der Arbeit mit Profi-Regisseuren abgeschaut hat: Sepp Fischer, Johannes Reitmeier, Roger Boggasch und Andreas Wiedermann.

Filmdebüt in „Eine ganz heiße Nummer“

2010 hatte Aichinger erste Berührung mit dem Filmgeschäft. Er hat eine Kleindarsteller-Rolle in „Eine ganz heiße Nummer“ ergattert. Einen ganzen Tag war er am Filmset, „für eine Fünf-Minuten-Szene“, erinnert er sich lachend. „Das ist schon ein ganz anderes Arbeiten als beim Theater.“ Das Schönste für ihn: „Der eine Satz, den ich sprechen durfte, hat sogar den Schnitt überstanden.“ Er ist weiterhin bei einer Agentur gelistet, aber die Komparserie sei ein sehr kurzfristiges Geschäft, das man nicht so einfach mit dem Beruf unter einen Hut bringen könne. „Ich würde es aber sehr gerne hin und wieder machen.“

Weitere Stationen waren das Schintergruben-Theater von Joseph-Emich Rasch und immer wieder der Burgtheaterverein Mitterfels. Von „Don Quijote“ bis „Brandner Kaspar“ und Henry Higgins in „My fair Lady“. 2011 spielte er im Musical „Nostradamus“ im Theater am Hagen mit. Seit 2012 inszeniert er in Steinburg mit eigener eingeschworener Komödianten-Truppe „Theaterfreunde“ jedes Jahr ein Bauernstück, bei dem die Lachmuskeln ordentlich trainiert werden. Und drei Jahre lang war er Teil des Oschnputtl-Ensembles als Zweitbesetzung des „Alten Täuberich“.

Der Komödienstadel, Peter Steiners Theaterstadel und die Chiemgauer, erinnert sich Franz Aichinger, seien in seiner Kindheit der typische TV-Begleiter gewesen. „Da kann ich heute noch ganze Passagen auswendig.“

Seit 2012 ist Franz Aichinger auch noch Mitglied der Show- und Partyband „Donnervögel“, die gut und gerne bis zu 40 Auftritte geballt in der Party- und Volksfest-Hauptsaison von April bis Oktober absolviert. Aichinger ist der Sänger, der Frontmann, der als solcher auch Regie führt – diesmal ausnahmsweise über ein ausgelassenes Publikum.

Info

„Der Bayerische Jedermann – Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ nach dem Mysterienspiel von Hugo von Hofmannsthal, ins Bayerische übertragen von Oskar Weber, hat unter Regie von Andreas Wiedermann mit dem Agnes-Bernauer-Festspielverein am Freitag, 14. Juli, im Schlosshof an der Reitertreppe Premiere. Weitere Aufführungen finden am 15., 16., 19., 21., 22., 23., 26., 28. und 29. Juli statt. Beginn ist jeweils um 21 Uhr. Karten gibt es unter anderem im Vorverkauf beim Leserservice des Straubinger Tagblatts, Ludwigsplatz 32, Tel. 09421/940-6700 und unter www.okticket.de

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