Straubinger Tagblatt, 14.05.2011 • von Ulli Scharrer
Tanzgruppe des Festpielvereins dreht sich nach Schritten aus dem 16. Jahrhundert
„Mittelaltertänze beginnen immer mit Links“, der Tipp wird sofort umgesetzt und auch die ersten Schritte „Vier zur Seite, dann zwei in die Mitte – aber zwei kleine – sonst krachen wir zusammen“, sind schnell von den sechs Tänzerinnen verinnerlicht. Dann wird es aber schon schwieriger. Bei den Festspielen werden zwei Adelstänze, ein Bürgertanz und der obligatorische Tanz der Bademägde aufgeführt. Bei der ersten Probe der Mägde schauten wir Gudrun Reinoss, der Leiterin der Truppe, und ihren Tänzerinnen beim Ein- und Ausdrehen über die Schulter.
„Tanzgruppen gibt es wie Sand am Meer“, erklärt sie und freut sich, dass ihre „ein bisschen was besonderes ist“. Zum einen gilt das für die Gewänder – die des Adels sind besonders prächtig –, zum anderen für die Tänzer selber. Wert wird auf historische Genauigkeit gelegt. Tanzschritte und Musik hat Gudrun Reinoss aus den Aufzeichnungen des Mönchs Jehan Tabourot zusammengestellt. Dieser sammelte im 16. Jahrhundert Tänze und Musik aus Gotik und Renaissance und veröffentlichte sie unter seinem Anagramm Thoinot Arbeau.
Gudrun Reinoss leitet seit zehn Jahren die Tanzgruppe des Agnes Bernauer Festspielvereins. Rund 20 Stammleute treffen sich regelmäßig zum Üben ihres Repertoires an Tänzen oder zum Einüben von neuen Schritten. Die Tanzpaare – bei allen anderen Tänzen sind auch Männer dabei –, sind immer aktiv, nicht nur zur Festspielzeit. Auch in der Nebensaison, sprich den vier Jahren zwischen Aufführungen, repräsentieren sie den Verein oder die Stadt bei Festen in Straubing, aber gern auch weiter weg.
„Saltarello“ oder doch Bayerische Polka
Zwischen acht und zehn Bademägde sollen um die Zuber tanzen, sechs davon haben es zur ersten Probe geschafft. Trainiert wird immer parallel im Wappensaal zu den eigentlichen Regie-Proben draußen im Innenhof des Herzogschlosses. „Damit niemand zu viele Termine hat.“ Wer gerade Szenen-Pause auf der Bühne hat, kann Tanzschritte verinnerlichen.
Konzentriert gehen die Bademägde an die ersten Schritte an. Manche sind schon lange bei der Tanzgruppe, andere gerade erst hinzugestoßen.
Die ersten Schritte der Choreographie sind eigentlich leicht, am Anfang aber trotzdem noch holprig. Das Geheimnis aller Tänzer erschließt sich aber schnell: einfach locker bleiben, nicht zu viel konzentrieren und Spaß haben am Tanzen.
„Saltarello“ wird die nächste Schrittfolge genannt, erklärt Gudrun Reinross, andere erkennen darin augenzwinkernd eine Bayerische Polka. Vielleicht verwandte Tänze? Die Polka muss ihren Ursprung ja auch irgendwo gehabt haben.
Tänzerin Andrea Csunderlik ist in „der Tanzgruppe von Anfang an dabei“, und weil es so viel Spaß macht, tanzen ihr Mann und ihre Schwester auch gleich mit. Außerhalb des Festspielvereins ist sie dagegen „eigentlich keine so große Tänzerin“. Neu dabei ist zum Beispiel Margit Bauer, die das Fespielfieber als Statistin in der vergangenen Saison gepackt hat. „Jetzt sind es schon zwei Sprecheinsätze“ und das Tanzen wollte sie „auch mal wieder ausprobieren“. Vorkenntnisse sind vorhanden: „Früher hab ich viel Volkstanz gemacht, mit vier Jahren habe ich angefangen.“ Für die Leiterin der Tanzgruppe ist es eine Herausforderung, Leute unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher tänzerischer Vorkenntnisse unter einen Hut zu bringen.
Beim Adel werden Schreittänze einstudiert, da kommen auch die edlen Gewänder, in die die Tanzpaare gerne schlüpfen, besonders gut zur Geltung. Beim Volk geht es flotter zu, die Kreistänze sind viel schneller und machen noch mehr Spaß. Regisseur Johannes Reitmeier baut sie gerne in das Stück ein.
Tänzer gesucht: junge Typen bevorzugt
Schnell wird es ein bisschen schwieriger. Der „spanische Schritt“ wird in die Choreographie aufgenommen. Beim Ausdrehen werden jetzt die Hände grazil über den Kopf gehoben. Jetzt noch das Klatschen dazu. Einigen macht Gudrun Reinoss noch ein besonderes Versprechen: „Beim Ausdrehen gibt der Reitmeier einigen von euch sicherlich einen Mann, dann dreht ihr euch mit dem.“ Da haben die Bademägde nur noch einen Wunsch: „Wir wollen aber die jungen Typen.“