Die Delegation des Festspielvereins freut sich mit Kunstministerin Prof. Dr. Marion Kiechle (im Dirndl mit blauer Schürze) über die Aufnahme in das Landesverzeichnis „Immaterielles Kulturerbe“.
Fotos: Ulli Scharrer
Das Agnes Bernauer Festspiel ist als „Immaterielles Kulturerbe“ in das Bayerische Landesverzeichnis aufgenommen worden. Bei einem Festakt des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst im Schloss Schleißheim hat der Festspielverein die Würdigung im Kreis von elf weiteren Adressaten am Dienstagabend entgegengenommen. Die Würdigung gelte „lebendigen kulturellen Ausdrucksformen, die unser Bayern unverwechselbar machen“, so Kunstministerin Prof. Dr. Marion Kiechle in ihrer Festrede. Die 20-köpfige kostümierte Straubinger Delegation hat dem Publikum einen szenischen Appetithappen serviert und mit gleich zwei Herzogspaaren – einem bisherigen und künftigen – zu den Festspielen im Sommer 2019 eingeladen.
Ein repräsentatives oberbayerisches Schloss als Ambiente. Ein mit zwölf Delegationen aus verschiedenen Regionen Bayerns gefüllter Saal, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Der Agnes-Bernauer-Festspielverein; der Jurahausverein, der sich dem Erhalt der Jurahäuser im Altmühltal verschrieben hat; das Augsburger Friedensfest, das sich um Verständnis zwischen den Religionen bemüht; das Drechslerhandwerk; die Fürther Michaeliskirchweih; die Gemeinschaftswälder im Steigerwald; die Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg als Vermittlerin von Wissen um Natur und Universum; die Nürnberger Epitaphienkultur; die Oberpfälzer Zoigl-Kultur; die Schafhaltung in Bayern; die Tradition der Weihnachtsschützen im Berchtesgadener Land und die traditionelle Dörrobstherstellung und Baumfelderwirtschaft im Steigerwald.
Nur auf den ersten Blick ein Sammelsurium
Was auf den ersten Blick als mehr als kurioses Sammelsurium erscheint, fügt sich im Laufe des Abends zu einem runden, stimmigen Bild. Es stehen nacheinander ehrenamtlich aktive Menschen auf der Bühne. Es sind Idealisten, die aus Überzeugung Kulturtechniken und Traditionen zeitgemäß leben, für die nächsten Generationen erhalten und mit ungekünstelten Worten im Nu alle Sympathien auf ihrer Seite haben.
Ob Handwerk, gesellschaftliches Miteinander, Musik, Genuss, Landwirtschaft oder Brauchtum und natürlich Festspieltradition. Moderiert, sympathisch im Dialekt, von Traudi Siferlinger und begleitet von einer kurzen, prägnanten Rede der neuen Kunstministerin Prof. Dr. Marion Kiechle.
Die zwölf ausgezeichneten kulturellen Ausdrucksformen erhöhen die Einträge im 2015 eingerichteten Bayerischen Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes auf 37. Bundesweit gibt es 79. Es sei „eine angemessene Plattform für den Reichtum an Kulturformen in Bayern“, meint die Ministerin. Zugeflogen ist den zwölf Adressaten die Auszeichnung nicht. Sie haben eine umfangreiche Bewerbung abgegeben, die von einem achtköpfigen Expertengremium unter Leitung des Regensburger Kulturwissenschaftlers Prof. Daniel Drascek intensiv geprüft wurde. Nächstes Jahr fällt die Entscheidung, ob sie auch im Bundesverzeichnis Aufnahme finden. 2013 ist das UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes in der Bundesrepublik in Kraft getreten.
„Was das Land im Innersten zusammenhält“
Die zwölf Traditionen, Bräuche und Handwerkstechniken machten „erlebbar, was das Land im Innersten zusammenhält“, sagte die Ministerin. Sie regten an, in den Austausch zu treten mit anderen Kulturen ganz im Sinne des aktuellen Kultur-Erbejahres 2018 unter dem Motto „sharing heritage“. Der Freistaat bringe mit dieser Würdigung seine Wertschätzung zum Ausdruck.
„Immaterielles Kulturerbe stiftet Gemeinschaft, Identität und Sinn.“ Kultur sei wichtig wie frische Luft zum Atmen, sagte sie in Abwandlung eines Weizsäcker-Zitats. Die Auszeichnung ist rein ideell und nicht mit Geld verbunden. Die in die Liste Aufgenommenen können jedoch mit dem angesehenen Titel für ihre Sache werben. Der Festspiel-Verein verspricht sich davon eine Unterstützung seines Stellenwerts und Zuspruchs sowie weiteren Bekanntheitsgrad. Und das besonders in einer Zeit veränderten Freizeitverhaltens, fast ständiger Präsenz des Internets und immer höheren technischen Ansprüchen, die ans finanzielle Limit bringen.
Tradition lebt von Veränderung
Der Eintrag als „immaterielles Kulturerbe“ macht das Festspiel nicht unveränderbar, beruhigt stellvertretender Vorsitzender Alfred Jurgasch. „Es ist sogar so, dass manche Tradition von Veränderung lebt, um sie ganz wörtlich am Leben zu erhalten.“
Jurgasch war per Zufall auf die Ausschreibung für diese Auszeichnung aufmerksam geworden. Vergangenen Herbst hat er das 15-seitige Antragsformular mit weiteren 15 Seiten Kleingedrucktem akribisch bearbeitet. Er warb mit Vereinsvorsitzendem Karl Weber gerne für das Festspiel 2019 vom 21. Juni bis 21. Juli im Hof des Herzogschlosses.
Jurgasch machte es spannend: Es komme eine völlig neue Inszenierung mit „spektakulären Effekten“ auf die Bühne. Noch nicht einmal der Vorstand kenne von Ausschnitten abgesehen den Text, der jetzt kurz vor dem Abschluss steht.
Wie alle anderen elf ausgezeichneten Delegationen hatte auch der Festspielverein Gelegenheit, sich und seine Sache zur präsentieren. Rupert Kohlhäufl als Herold stellte die zwei präsenten Herzogspaare samt „kleinem Gefolge“ vor und kündigte dem Publikum augenzwinkernd „Einblicke in das Liebesleben des Herzogspaars im 15. Jahrhundert“ an. Anna Lummer, Agnes von 2015, und Franz Aichinger, Albrecht von 2011, bekundeten sich schmachtend ihre Liebe, begleitet von „Aaah“-Seufzern des Publikums. Wie das Herzogspaar von 2019, Christina Kohlhäufl und Dr. Ben Gröschl, versicherten beide, was für eine Ehre es sei und auch ein bisschen Kindheitstraum, in diesen Rollen auf der Straubinger Festspielbühne stehen und „Teil dieser Geschichte“ sein zu dürfen.
-mon- Straubinger Tagblatt
Rupert Kohlhäufl schlüpfte in die Rolle des Herolds.
In Kurzform ist das Agnes-Bernauer-Festspiel anlässlich der Aufnahme in das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes so beschrieben worden: „Der Agnes-Bernauer-Festspielverein in Straubing führt im Innenhof des herzoglichen Schlosses im vierjährigen Turnus ein Freilichttheater auf, das seit 1935 in verschiedenen Tableaus die in den lebensgeschichtlichen Details legendäre, 1435 in Straubing hingerichtete Baderstochter Agnes Bernauer darstellt. Bei der von rund 200 Laiendarstellern aus Stadt und Umland getragenen Inszenierung, die eine wiederholte Neubearbeitung erfahren hat, wird insbesondere bei der Ausstattung auf historische Detailtreue Wert gelegt und trägt so zur Identifikation mit der Stadt- und bayerischen Landesgeschichte bei.“
Eine vielgefragte Gesprächspartnerin beim Empfang zur Eintragung als Immaterielles Kulturerbe:
die Agnes Bernauer der Festspiele 2019, unsere wunderbare Kristina Kohlhäufl!
Fotograf: Andreas Gebert. Mehr Bilder in den nächsten Tagen!